Gasexhalationen auf der Insel Ischia: Mofetten
Ischia ist eine Insel vulkanischen Ursprungs und wenn man auf ihr Urlaub macht, wird man früher oder später auf Fumarolen treffen, höchstwahrscheinlich am Marontistrand bei Sant Angelo. Da fragt man sich natürlich, wie sie entstehen und ob es noch mehr von ihnen gibt. Ja, es gibt noch mehr Ausgasungen vulkanischen Ursprungs auf der Insel. In diesem Blog geht es aber nicht um Fumarolen, sondern um eine unbekanntere Gasexhalationsart: Mofetten.
1. Was sind Mofetten?
Mofetten sind faszinierende geologische Phänomene, an denen gasförmiges Kohlendioxid (CO2) aus einer Magmakammer austritt. Dieses Gas bahnt sich seinen Weg durch feine Kanäle im Gestein bis zur Oberfläche. Interessanterweise ist das ausströmende Gas in der Regel kühl, was den Mofetten eine besondere Charakteristik verleiht.
2. Arten vulkanischer Ausgasungen
In der Welt der geothermischen Aktivitäten unterscheidet man zwischen Fumarolen, Solfataren und Mofetten, je nach Art des Gases, das aus ihnen austritt. Oft treten auch Mischformen auf, die verschiedene Eigenschaften kombinieren.
Fumarolen sind Austrittsstellen von heißem Wasserdampf, der größtenteils aus hydrothermalen Quellen stammt. Meistens sind andere gelöste Stoffe im Wasserdampf enthalten, die beim Austreten an der Oberfläche ausfällen. Durch Eisenverbindungen und wärmeliebende Bakterien sind die Ausfällungen meist bunt gefärbt. Die Temperatur des Wasserdampfes kann sich beim Austreten stark unterscheiden. Auf Ischia gibt es Fumarolen am Vulkan Rotaro zu finden, die eine Temperatur von ungefähr 40-45°C betragen. Am Marontistrand in der Nähe von Sant'Angelo haben sie eine Temperatur von ungefähr 100°C. Zwar kann ein Teil des Dampfes auch aus der Magmakammer kommen, dieser Anteil ist jedoch meist gering. Dies liegt daran, dass Wasser in einer Schmelze langsamer ausgast als CO2 und Schwefelverbindungen. Bei Veränderungen in der Magmakammer entweicht zuerst das CO2, gefolgt von den Schwefelverbindungen und schließlich dem Wasserdampf.
Solfatare hingegen sind Orte, an denen Schwefelverbindungen wie SO2 und H2S ausströmen. Diese Austritte sind leicht im Gelände zu erkennen, da sie gelbliche bis weiße Schwefelablagerungen hinterlassen. Zudem haben die Gase einen stark ausgeprägten Geruch – das SO2 riecht unangenehm stechend, während H2S nach faulen Eiern riecht. Solfatare sind sowohl auf Ischia, sowie im Solfatara-Krater der Phlegräischen Felder, als auch am Kraterrand des Ätna.
In diesem Beitrag liegt der Fokus auf der Exhalation von CO2, die als Mofette bezeichnet wird. Bei einer reinen Mofette, die keine Mischform darstellt, tritt das Gas meist kühl aus. Dies liegt daran, dass es nicht mit heißem Wasserdampf vermischt ist und vor dem Austritt unter hohem Druck steht. Bei plötzlicher Druckminderung kühlt das Gas abrupt ab – ein Phänomen, das wir auch im Alltag beobachten können, etwa bei Sprühdosen oder Feuerzeugen. Diese Temperaturveränderung wird als adiabatische Entspannung des Gases bezeichnet.
3. Wie entgast CO2 aus einer Magmakammer?
Die Funktionsweise von Mofetten und wie CO2 aus einer Magmakammer entgast, lässt sich leicht durch einen Selbstversuch nachvollziehen. Wenn wir kaltes Mineralwasser in großen Mengen trinken, gelangt es in unseren Magen, wo zwei wichtige Prozesse stattfinden: Das Wasser wird erwärmt und durch die Magensäure wird es saurer. Diese Veränderungen führen dazu, dass das Wasser weniger Kohlensäure lösen kann. Ein Teil des gelösten CO2 geht in die Gasphase über und bildet gasförmiges CO2 im Magen. Da dieses Gas mehr Platz benötigt als in der Lösung vorhanden ist, sucht es sich einen Weg nach draußen. Wenn die Testperson rülpst, war der Versuch erfolgreich – für einen kurzen Moment ist sie zur „menschlichen Mofette“ geworden. Ähnlich wie bei unserem Experiment muss auch in der Magmakammer eine Veränderung stattfinden, damit CO2 entgasen kann. Dies kann durch Temperaturerhöhungen, eine Änderung des pH-Werts des Magmas oder durch Mischungs- und Differentiationsprozesse geschehen.
4. Mofettentätigkeit und Vulkanismus
In der älteren Literatur wurden Mofetten oft als Zeichen für ein alterndes und erlöschendes Vulkansystem interpretiert. In der neueren Forschung hingegen werden sie zunehmend als Indikatoren für erwachende Vulkane betrachtet. Dies liegt daran, dass CO2 schlecht in Magmen löslich ist und daher als erstes Gas aus der Magmakammer entweicht. Ein Anstieg der CO2-Entgasungen kann somit ein frühes Anzeichen für Veränderungen in der Magmakammer sein. An vielen Vulkanen, wie zum Beispiel dem Ätna, füllen sich bodennahe Magmenkammern vor einer Eruption mit CO2, was zu einer erhöhten Ausgasung führt. Diese gesteigerte Entgasung kann als Frühwarnsignal dienen und ist von großer Bedeutung für die Vulkanüberwachung. Daher ist es sinnvoll, regelmäßige Messungen an den Mofetten eines Vulkansystems durchzuführen. Zwar können diese Daten alleine nicht ausreichen, um Frühwarnungen für vulkanische Aktivitäten auszusprechen, sie bieten jedoch wertvolle Hinweise, wenn sie in Verbindung mit anderen Überwachungsfaktoren betrachtet werden. Mofetten sind somit nicht nur geologische Besonderheiten, sondern auch wichtige Indikatoren für die Aktivität von Vulkanen.
5. Sind Mofetten gefährlich?
Kohlenstoffdioxid (CO2) wird als gefährlicher Arbeitsstoff der Kategorie IV eingestuft, was bedeutet, dass sein Wirkungspotenzial im Vergleich zu anderen Gasen eher gering ist. Toxisch wird es erst, wenn seine Konzentration in der Luft in den Prozentbereich ansteigt. Obwohl CO2 nicht hochgradig giftig ist, hat es eine entscheidende Eigenschaft: Es ist ein „luftverdrängendes Gas“ und schwerer als normale Luft. Das führt dazu, dass sich CO2 in topographisch tief gelegenen Bereichen wie Tälern, Mulden, Kellern oder Höhlen sowie bei bestimmten klimatischen Bedingungen, wie Windstille, stark anreichern kann. Konzentrationen über 10 % sind für atmende Lebewesen gefährlich und können schnell tödlich sein. CO2 verdrängt den Sauerstoff aus der Lunge und führt zur Ansäuerung des Blutes, was unbemerkt ablaufen kann und zu Ohnmacht sowie Erstickungstod führen kann.
Insbesondere bei Mofetten sollte man sich der potenziellen Gefahren bewusst sein. Unter bestimmten Bedingungen kann sich CO2 in der Luft anreichern, anstatt sich rasch zu verteilen. Bei der Erforschung von Mofetten ist es daher unerlässlich, vorsichtig zu sein und sich nicht unüberlegt in tiefgelegene oder windstillen Bereiche zu begeben.
6. Mofetten und das Klima
CO2 ist ein klimatisch wirksames Gas und zu großem Maße mit verantwortlich für den natürlichen Treibhauseffekt auf der Erde. Durch geogenes und vulkanisches CO2 wird ein natürlicher Treibhauseffekt betrieben, der die mittlere Temperatur der Erde auf 16°C hält. Ohne diesen natürlichen Treibhauseffekt läge die Durchschnittstemperatur der Erde bei -16°C. In der Erdgeschichte hat die geogene Freisetzung des Gases stark das Klima beeinflusst. Im Gegensatz zum anthropogenen (menschengemachten) Treibhauseffekt, ist die geogene Freisetzung aber auf keinem besonders hohen oder besonders niedrigen Niveau. Durch den Vulkanismus werden pro Jahr zwischen 65 und 319 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen. Durch fossile Brennstoffe werden 29 bis 34 Milliarden Tonnen CO2 geschleudert. Selbst wenn der größte Wert der vulkanischen CO2 Ausstoßungen mit den menschengemachten Ausstoßungen verglichen wird, liegt die anthropogene CO2 Ausstoßung um den Faktor 100 höher. Das heißt, Mofetten sind nicht an der Verstärkung des Treibhauseffektes in den letzten Jahrzehnten beteiligt, sondern der Mensch.
In lokal begrenzten Bereichen können Mofetten ein besonderes Mikroklima mit stark erhöhten CO2-Werten schaffen. Diese speziellen Umgebungen bieten einzigartige Möglichkeiten zur Erforschung der Folgen einer erhöhten CO2-Konzentration in der Atmosphäre.
7. Mofetten auf Ischia
Auf Ischia sind an drei Standorten Mofetten anzutreffen. Ein Standort befindet sich an Land und zwei unter Wasser. Die landgestützten Mofetten befinden sich im Inneren des Rotaro-Kraters (40.739688° N, 13.924761° O) auf etwa 225 m ü. NN. Entlang des Krater-Rundweges kann man rechts am Hang kleine Löcher entdecken, aus denen bei Außentemperaturen über 20 °C ein kühler Luftzug strömt.
Der zweite Mofettenstandort liegt in der Cartaromana-Bucht. Hier steigen in einem kleinen Bereich des Meerwassers Gasbläschen auf, und die Wassertemperatur ist erhöht. Messungen zeigen, dass es sich bei diesen Bläschen um CO2 handelt. Die gesteigerte Wassertemperatur lässt sich darauf zurückführen, dass hier eine Mofette mit einer Fumarole oder einer Thermalquelle in Verbindung steht. Dieser Bereich ist beliebt zum Baden, jedoch sollte man bei Windstille stets im Hinterkopf behalten, dass erhöhte CO2-Konzentrationen ein Risiko darstellen können – auch wenn eine starke Anreicherung des Gases aufgrund der fehlenden topographischen Senke eher unwahrscheinlich ist.
An der westlichen und nordwestlich Seite des Castello Aragonese liegt der dritte Mofettenstandort. Die Mofetten liegen auch im Wasser und haben eine Zusammensetzung von 95% CO2. Da sie im Wasser entgasen, entstehen wie bei den Mofetten in der Cartaromana-Bucht blasen im Meer, aber bei ihnen kommt es zu keiner erhöhten Wassertemperatur, da sie nicht in Verbindung mit einer Fumarole liegen. Was diesen Standort der Mofetten sehr interessant macht, ist, dass mit der Annäherung an die Mofetten das Meer immer saurer wird. Dies ist besonders spannend für Meeresforscher, die herausfinden möchten, welchen Einfluss angesäuertes Wasser auf Meeresbewohner auf lange Zeit hat.
8. Mofetten: Ein Blick in die Zukunft des Meeres
Durch den fortschreitenden anthropogenen Klimawandel wird immer mehr CO2 in die Atmosphäre gepumpt. 40% dieser Emissionen werden vom Meer aufgenommen und ins Wasser eingebaut. Da CO2 sauer ist, wird durch dessen Aufnehmen das Meer saurer. Wie sauer etwas ist, wird mit Hilfe des pH-Werts bestimmt. 0 ist sehr sauer, 7 ist neutral und 14 ist sehr basisch. Das Meer hat momentan einen pH-Wert von ungefähr 8,10-8,12, es ist also leicht basisch fast neutral. An diesen Wert haben sich die Meeresbewohner angepasst. Durch die Aufnahme des übermäßigen CO2 sinkt dieser Wert langsam in den sauren Bereich. Es wurde prognostiziert, dass im Jahre 2100 der pH-Wert des Meeres bei ungefähr 6,9 liegt. Dieser Wert ist im Meerwasser bei den Mofetten am Castello Aragonese zu finden. Entfernt man sich von den Mofetten, nimmt der pH-Wert stetig zu, bis der Normalwert von 8,10 erreicht wird. Es liegt eine Gradierung des pH-Werts vor. Durch einen niedrigeren pH-Wert im Meer wird der Stoffwechsel der Lebewesen eingeschränkt. Dies führt zu beeinträchtigtem Wachstum und geringerer Fortpflanzung. Hinzu kommt, dass die Kalziumkarbonat-Konzentration sinkt. Dies macht es für z.B. Seeigel und Muscheln (Kalzifizierer) schwieriger, ihre Skelette und Schalen wachsen zu lassen. Diese beiden Folgen sind am Castello Aragonese zu sehen, denn es wurde beobachtet, dass mit niedriger werdenden pH-Wert Schnecken schrumpfen und Kalzifizierer wie Seepocken und Seeigel langsam verschwinden. Außerdem ist ein Verlust von 67% aller Arten im sauren Wasser im Vergleich zu normalen Meerwasser zu verzeichnen. Manche Arten wie die marine Algenart Ostreopsis Ovata haben kein Problem mit dem angesäuerten Wasser.
Die Mofetten am Castello Aragonese wirken wunderbar als natürliches Labor, bei dem Wissenschaftler einen Blick in die Zukunft unseres Planeten werfen und in kleinen Maßstab sehen können, welche Arten sich dem angesäuerten Wasser anpassen können und welche verschwinden.
9. Fazit
Mofetten sind also nichts anderes als Orte, an denen CO2 aus der Magmakammer an der Oberfläche austritt. Dies kann sowohl an Land oder im Wasser passieren. Im Wasser entstehen dabei Blasen welche die Mofetten einfach erkennbar machen. Man sollte Vertiefungen neben Mofetten vermeiden, da CO2 schwerer als Luft ist und sich an solchen Orten sammelt. Atmet man zu viel CO2 ein, kann es schnell tödlich enden. Auf Ischia sind Mofetten in der Cartaromana-Bucht, im Rotaro und am Castello Aragonese anzutreffen. Die Mofetten am Castello werden von Wissenschaftlern als natürliches Labor verwendet, um Langzeitfolgen von angesäuertem Meerwasser auf dessen Bewohner zu beobachten.
10. Quellen
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