Mofetten und andere vulkanische Gase auf der Insel Ischia
Das Wort Mofetten taucht immer wieder im Zusammenhang mit aktiven Vulkanen auf. Sie gibt es zum Beispiel am Laacher See in der Vulkaneifel, im Grenzgebiet Sachsen-Bayern-Böhmen und auf der Insel Ischia im Golf von Neapel. Doch was hat es mit den Mofetten auf sich? Wie entstehen sie und was sagen sie über die Aktivität eines Vulkans aus? Um diese Fragen zu beantworten, werfen wir einen Blick auf die Insel Ischia.
Die Insel Ischia ist nicht nur durch ihre zahlreichen, wohltuenden Thermalwasserquellen bekannt. Ischia ist auch ein Geheimtipp für viele Wanderfreunde. Durch die vulkanische Entstehung der Insel Ischia sind einzigartige Landschaften entstanden, die oftmals mit mediterraner Macchia oder grünen Wäldern bedeckt sind. Doch wer genauer hinschaut, kann am Wegesrand einige geologische Besonderheiten entdecken, wie die Mofetten am Vulkan Rotaro.
Der Rotaro liegt im Norden der Insel Ischia, in der Gemeinde Casamicciola Terme. Er entstand zwischen 750 vor Christus und 305 nach Christus. Heute ist der Vulkan mit Pinien und Steineichen bewaldet und erfreut sich bei Touristen und Einheimischen gleichermaßen großer Beliebtheit. Das begehrte Wandergebiet bietet breite, gut ausgebaute Wanderwege, auf denen man die Ruhe und die Natur genießen kann. Denn außer Vogelgezwitscher und zirpenden Zikaden hört man hier keinen Verkehrslärm.
Die heißen Fumarolen vom Rotaro
Bevor man die Mofetten im Vulkan erreicht, passiert man zunächst eine Lichtung, auf der sich mehrere große und kleine Löcher befinden. Wer seine Hand über oder auch in eines dieser Löcher hält, spürt die Wärme, die dort aufsteigt. Es handelt sich dabei um Fumarolen - heiße Vulkangase, die überwiegend aus Wasserdampf und etwas Kohlenstoffdioxid (CO2) bestehen. Das Wasser stammt überwiegend aus hydrothermalen Quellen, das CO2 hingegen aus einer Magmakammer, die sich unter der Insel befindet.
Der Wasserdampf kann auch aus der Magmakammer selbst stammen. Allerdings spielt dieser Anteil meist nur eine stark untergeordnete Rolle, da die Löslichkeit von Wasser in einer Schmelze viel langsamer abnimmt, als die Löslichkeit von CO2 und Schwefelverbindungen. Das heißt, bei Änderungen in der Magmakammer beginnt zuerst CO2 vermehrt zu entweichen, dann die Schwefelverbindungen und erst dann die Wasserphase.
Die Gase erinnern uns daran, dass es unter der Insel Ischia noch immer brodelt und der Rotaro – zumindest theoretisch – noch einmal ausbrechen könnte.
Mofetten – die kalten Gase im Vulkankrater
Bei einem Rundgang im bewaldeten Krater „Fondo D‘Oglio“ vom Rotaro, kann man schließlich Mofetten entdecken. Im südlichen Bereich des Kraters befinden sich am Wegesrand zwei größere Hohlräume (40.739688° N, 13.924761° O). Wer seine Hand dort hinein hält, spürt einen kalten Luftstrom. Das sind die Mofetten.
Wie bei den Fumarolen handelt es sich bei Mofetten ebenfalls um Austrittsstellen vulkanischer Gase. Im Gegensatz zu ihnen bestehen sie jedoch zum Großteil aus CO2, welches aus einer Magmakammer ausgast. Das Gas gelangt über sehr feine Kanäle im Gestein, aus der Magmakammer an die Oberfläche. Während Fumarolen mehrere hundert Grad heiß sein können, sind die Mofetten kühl – also unter 100°C, da sie nicht mit heißem Wasserdampf gemischt sind und vor dem Austritt unter starkem Druck stehen. Erreicht das Gas die Oberfläche, kommt es zur plötzlichen Druckabnahme. Dadurch verliert das Gas schlagartig an Temperatur. Dieses Phänomen ist auch im Alltag häufig zu beobachten. Zum Beispiel bei Sprühdosen oder Feuerzeugen. Das zugrunde liegende Prinzip wird als adiabatische Entspannung des Gases bezeichnet.
Wie entgast CO2 aus einer Magmakammer?
Wie das CO2 einer Mofette aus der Magmakammer entgast, lässt sich vereinfacht im Selbstversuch nachstellen. Beim Trinken von bevorzugt kaltem Mineralwasser in großen Mengen, gelangt dieses in den Magen. Dort wird es erstens erwärmt und zweitens ändert sich durch die Magensäure sein PH-Wert, es wird also saurer. Beides führt dazu, dass das Wasser nicht mehr so viel Gas lösen kann wie zuvor. Dadurch geht ein Teil der gelösten Kohlensäure in die Gasphase über, es entsteht also gasförmiges CO2 in dem Magen.
Dieses freie Gas benötigt mehr Platz als zuvor in der Lösung. Es wird sich daher einen Weg nach draußen suchen. Wenn die Testperson nun rülpsen muss, hat der Versuch geklappt und sie war für einen kurzen Moment eine „menschliche Mofette“.
Damit CO2 aus der Magmakammer entweichen kann, muss sich dort also etwas ändern. Vielleicht wird es wärmer, vielleicht wird das Magma saurer, also silikatischer, oder die Zusammensetzung des Magmas ändert sich anderweitig durch Mischungs- oder Differentiations-Prozesse.
Was sagen Mofetten über die Tätigkeit eines Vulkans aus?
In älterer Literatur galten Mofetten grundsätzlich als Merkmal eines alternden und erlöschenden Vulkansystems. In der jüngeren Literatur werden Mofetten aber auch immer öfter als Zeichen erwachender Vulkane interpretiert.
Da CO2 schlecht in Magmen löslich ist, gast es als erstes Gas aus diesen aus. Ein Anstieg der CO2-Entgasungen kann somit ein erstes Indiz für Änderungen in der Magmakammer sein.
An vielen Vulkanen, wie z.B. dem Ätna, füllen sich bodennahe Magmakammern vor einer Eruption mit CO2, was zu einer erhöhten Ausgasung von diesen führt.
Diese erhöhte Ausgasung kann an diesen Vulkanen also zur Frühwarnung genutzt werden. Somit erscheinen regelmäßige Messungen an den Mofetten eines Vulkansystems als sinnvoll. Alleine können diese Daten für die meisten Vulkansysteme natürlich nicht zur Frühwarnung verwendet werden, in Verbindung mit anderen Faktoren könnten sie aber wertvolle Hinweise darstellen.
Sind Mofetten gefährlich?
Das Gas CO2 wird als gefährlicher Arbeitsstoff mit einem sehr schwachen Wirkungspotenzial der Kategorie IV eingestuft. Im Vergleich zu anderen Gasen ist seine Toxizität also eher gering, es wirkt erst toxisch, wenn sich seine Konzentration in der Luft um Werte im Prozentbereich ändert. CO2 ist aber ein „luftverdrängendes Gas“ und ein wenig schwerer als die „Normalluft“. Das heißt, an topographisch tiefer gelegenen Stellen (Tal, Mulde, Keller, Höhle) und unter bestimmten klimatischen Verhältnissen (Windstille) kann sich CO2 lokal stark anreichern.
Konzentrationen von über 10 % können für Sauerstoff-atmende Lebewesen dann auch schnell tödlich werden. Einerseits wird der Sauerstoff aus der Lunge verdrängt, andererseits wird das Blut angesäuert. Dieser Prozess kann unbemerkt ablaufen und zur Ohnmacht und anschließendem Erstickungstod führen.
Unter bestimmten topographischen und klimatischen Gegebenheiten können Mofetten also sogar lebensbedrohlich sein. Nämlich unter der Voraussetzung, dass sich das CO2 in der Luft um mehrere Prozentpunkte anreichern kann, anstatt sich rasch in der Atmosphäre zu verteilen.
Bei der Erforschung von Mofetten ist also immer darauf zu achten, dass man sich nicht unüberlegt in Mulden, Höhlen oder windstille Bereiche begibt!
Mofetten und das Klima
CO2 ist ein klimatisch wirksames Gas und zu großem Maße mit verantwortlich für den natürlichen Treibhauseffekt auf der Erde. In der Erdgeschichte hat die geogene Freisetzung des Gases stark das Klima beeinflusst. Aktuell ist die geogene Freisetzung aber auf keinem besonders hohen oder besonders niedrigen Niveau. Das heißt, dass Mofetten höchstwahrscheinlich nicht an der Verstärkung des Treibhauseffektes in den letzten Jahrzehnten beteiligt sind.
Mofetten haben also keinen verstärkten Einfluss auf den aktuellen globalen Klimawandel. In lokal begrenzten Bereichen können sie allerdings für ein besonderes Mikroklima, mit stark erhöhten CO2-Werten, sorgen. Diese Bereiche können folglich zur Erforschung der Folgen einer erhöhten CO2-Konzentration in der Atmosphäre herangezogen werden, was sie also durchaus auch für Klimaforscher interessant macht.
Gibt es noch weitere Mofetten auf Ischia?
Die Mofetten im Rotaro-Krater sind die einzigen bekannten Mofetten auf der Insel Ischia. Es gibt jedoch weitere Felder mit CO2-Ausgasungen im Küstenbereich von Ischia. Am bekanntesten sind die Mofetten in der Cartaromana-Bucht im Osten der Insel, in der Gemeinde Ischia. Hier steigen, in einem kleinen Bereich im Meerwasser, Gasbläschen auf und die Temperatur des Wassers ist erhöht. Messungen haben ergeben, dass es sich bei den Gasbläschen um CO2 handelt.
Die erhöhte Temperatur lässt sich damit erklären, dass es sich um eine Mofette in Verbindung mit einer Fumarole oder einer Thermalwasser-Quelle handelt. In der Bucht wird aufgrund der erhöhten Wassertemperatur auch gerne gebadet. Bei Windstille sollte man dabei aber zumindest im Hinterkopf behalten, dass mit stark erhöhten CO2-Konzentrationen nicht zu spaßen ist. Auch wenn eine starke Anreicherung des Gases, auf Grund der fehlenden topographischen Senke, wohl eigentlich nicht zu erwarten ist.
Darüber hinaus gibt es zum Beispiel auch auf der Westseite des Castello Aragonese Mofetten. Die dort aus dem Meeresboden aufsteigenden CO2-Gase wurden für Untersuchungen zum Einfluss der Ozean-Versauerung auf das marine Ökosystem genutzt.
Gibt es noch andere vulkanische Gase?
Neben den Fumarolen und Mofetten gibt es noch eine weitere Art vulkanischer Gase, die Solfarare. Wie der Name schon vermuten lässt, bestehen die Solfatare aus Schwefelverbindungen (SO2 und H2S). Solche Gase sind schon weit im Voraus zu erkennen, da Schwefelwasserstoff (H2S) intensiv nach faulen Eiern riecht. Darüber hinaus bilden sich an den Austrittsstellen gelbliche bis weiße Schwefelablagerungen. Diese sind zwar am Rotaro nicht zu finden, wohl aber in anderen Gebieten von Ischia, wie zum Beispiel am Monte Cito bei Fango.
Wenn Sie Ihren Urlaub auf der Insel Ischia planen und die Mofetten einmal „live“ vor Ort sehen und fühlen möchten, dann begleiten Sie uns doch auf unserer Vulkan-Wanderung oder Vulkan-Minibustour zum Vulkan Rotaro. Für mehr Informationen und zur Anmeldung zu der Tour geht es hier lang.
Buch-Tipps zum Nachlesen:
PFANZ, H. (2008): „Mofetten, Kalter Atem schlafender Vulkane“; Deutsche Vulkanologische Gesellschaft e. V., Mendig.
SCHMINCKE, H.-U. (2013): „Vulkanismus“, 4. Auflage; Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt.
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