Das Risiko von Vulkanausbrüchen auf der Insel Ischia
Letzte Woche haben wir über verschiedene Erdbeben-Typen gesprochen, die auf der Insel Ischia auftreten können. Wer den Artikel verpasst hat, kann ihn hier nachlesen.
Heute möchte ich weitere mögliche Gefahren beschreiben, denen die Insel Ischia ausgesetzt ist. Wir sprechen über Vulkanausbrüche! Da Ischia ein vulkanisches Gebiet ist, müssen wir neben der Erdbebengefahr auch die Gefahr von Vulkanausbrüchen berücksichtigen.
____________________________________________________________________
GUT ZU WISSEN!
- Auf der Erde hat es schon immer Vulkanausbrüche gegeben, seit 4,6 Milliarden Jahren.
- Es gibt ca. 1.500 Vulkane auf der Erde
- Jedes Jahr gibt es etwa 60 Vulkanausbrüche.
- 5% der Vulkanausbrüche fordern Menschenleben - auch heute noch!
- Als ruhend eingestufte Vulkane können jederzeit wieder aktiv werden.
- Der letzte Vulkanausbruch auf der Insel Ischia ereignete sich im Jahre 1302
____________________________________________________________________
Auf der Insel Ischia gibt es etwa 40 Ausbruchzentren. Viele von ihnen befinden sich im östlichen Teil von Ischia, in einem Dreieck zwischen den Orten Casamicciola, Barano und Ischia Ponte. Dort liegt auch der Vulkan Arso, der jüngste Vulkan der Insel Ischia. Obwohl mehr als 700 Jahre seit seiner Entstehung vergangen sind, besteht noch immer das Risiko eines neuen Vulkanausbruchs. Daran erinnern uns tagtäglich die an der Oberfläche austretenden heißen Gase – sogenannte Fumarolen - und die Thermalwässer der Insel. Sie belegen, dass es unter der Insel Ischia eine Wärmequelle, eine Magmakammer gibt, aus der irgendwann in der Zukunft erneut Magma an die Oberfläche aufsteigen könnte. Wann dies soweit ist, versuchen Geologen und Vulkanologen herauszufinden.
Durch die Beobachtung und das Studium von Vulkanen und Vulkanausbrüchen auf der ganzen Welt, haben sie erkannt, dass ein Vulkanausbruch nie ohne jegliche Vorwarnung passiert. Es gibt immer mehrere Anzeichen, die Tage, Monate oder gar Jahre vor einem Ausbruch beginnen aufzutreten. Wer diese Anzeichen erkennt und richtig deutet, kann die Bevölkerung vor einer möglichen Eruption warnen.
Vier Faktoren für die Vorhersage von Vulkanausbrüchen
Die vier wichtigsten Anzeichen, die zur Vorhersage von Vulkanausbrüchen genutzt werden sind: vulkanische Erschütterungen, die Ausdehnung der Magmakammer, die Bodenerwärmung und erhöhte Gasemissionen. Diese vier Faktoren "zusammen" können einen Hinweis auf einen bevorstehenden Vulkanausbruch geben. Ein Faktor allein kann nicht für eine Prognose vulkanischer Aktivität herangezogen werden.
Faktor 1: Vulkanische Erschütterungen und seismische Aktivität
Vulkanische Erschütterungen werden als Erdbeben definiert, die unterhalb oder in der Nähe von Vulkanen oder aufgrund vulkanischer Prozesse auftreten. Außergewöhnlich hohe seismische Aktivität wurden Jahre, Monate oder Stunden vor einem Ausbruch festgestellt, ohne Ausnahme unmittelbar in der Nähe des Vulkans. "Tremor" ist eine Reihe von Erdbeben mit einer Magnitude von weniger als 1 auf der Richterskala und ist einer der vielen Faktoren, die darauf hinweisen, dass der Vulkan seine Aktivität wieder aufgenommen hat.
Faktor 2: Ausdehnung der Magmakammer und Bodenveränderungen
Ein Vulkanausbruch wird durch den Aufstieg von Magma eingeleitet, was charakteristische seismische Signale erzeugt. Auch Veränderungen in der Bodenbeschaffenheit, d.h. "aufblähende Vulkane", deuten auf einen Ausbruch hin. Neigungsmessungen und Abstandsmessungen sind erforderlich, um diese Ausdehnungen an der Oberfläche eines Vulkans zu messen. Die Ausdehnung der Magmakammer kann mit GPS und Satelliten (EDM) gemessen werden.
Faktor 3: Bodenerwärmung und Temperaturänderungen
Ein Vulkan erwärmt sich, wenn das Magma langsam aus einer Magmakammer aufsteigt. Dieser Aufstiegsprozess von Magma, dessen Temperatur etwa 1.200°C beträgt, geht mit einer lokalen Erhöhung der Temperatur des umliegenden Gesteins einher. Solche Temperaturerhöhungen können direkt am Boden von festen Stationen oder durch Infrarotbilder aus dem Weltraum gemessen werden.
Faktor 4: Gasemissionen und ihre Bedeutung
Gasemissionen sind die treibende Kraft der vulkanischen Aktivität. Die Änderung der Menge, Temperatur und chemischen Zusammensetzung von Gasemissionen ist entscheidend für die Vorhersage von Vulkanausbrüchen. Die geochemische Überwachung umfasst auch die Überwachung des Grundwassers und von Quellen. Bei hohen Emissionen kann die Konzentration bestimmter Gase auch durch Fernerkundung anhand ihres Absorptionsspektrums im sichtbaren Licht bestimmt werden.
Abb.: Überblick über die messbaren Faktoren, die einen Vulkanausbruch ankündigen können.
Die Erstellung eines Modells zur Vorhersage von Vulkanausbrüchen
Dank der modernen Technik ist es heutzutage möglich, die oben genannten Faktoren mit speziellen Geräten zu messen. Mit den gewonnenen Daten werden Modelle erstellt, die die Gefahr einer Vulkaneruption anzeigen. Das ist so ähnlich, wie bei der Wettervorhersage. Es gibt jedoch Faktoren, die wir nicht messen können, aber dennoch wichtig für die Erstellung solcher Modelle sind. Für solche Faktoren werden Annahmen gemacht. Daher zeigen die Ergebnisse immer nur eine Wahrscheinlichkeit an; also wie hoch das Risiko für einen Vulkanausbruch ist. Eine 100%ige Sicherheit gibt es nie! Die Ergebnisse werden an den Zivilschutz und andere politische Ebenen weitergeleitet, die entscheiden, ob und welche Maßnahmen – z. B. Evakuierung – durchgeführt werden.
Leider haben die Modelle auch ihre Grenzen. So ist es (noch) nicht möglich, die Stärke oder die Dauer eines Vulkanausbruchs vorherzusagen.
Das Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia – kurz INGV – überwacht den gesamten Golf von Neapel mit der Insel Ischia rund um die Uhr. An verschiedenen Stellen der Insel sind stationäre Messgeräte verteilt. Hinzu kommen mobile Messgeräte mit denen ständig Daten der oben genannten Parameter gesammelt und im Kontrollzentrum in Neapel ausgewertet werden. Die Ergebnisse mit einer Abschätzung der Gefahrenlage werden einmal im Monat auf ihrer Internetseite www.ov.ingv.it veröffentlicht. Demnach steht die Insel Ischia derzeit auf der untersten der 4-stufigen Gefahrenskala. Die Wahrscheinlichkeit eines nahenden Vulkanausbruchs ist also sehr gering. Das heißt jedoch nicht, dass sich das nicht in Kürze ändern könnte.
Risikomanagement und Vorsichtsmaßnahmen
Vulkanausbrüche sind Naturkatastrophen, die zerstörirische Auswirkungen auf die Natur und die Menschen haben können. Insbesondere in dicht besiedelten Gebieten ist das Risiko besonders hoch, da mehr Menschleben auf dem Spiel stehen.
Auf der Insel Ischia leben rund 65.000 Menschen auf 46km2. Dazu kommen pro Jahr etwa 1,5 Millionen Touristen. In den Sommermonaten Juni-August können schon mal bis zu 120.000 Personen pro Tag auf der Insel sein. Sie müssten alle bei einem möglichen Vulkanausbruch innerhalb kürzester Zeit evakuiert werden. Eine logistische Meisterleistung!
Die Zahlen machen deutlich, dass auch für die Insel Ischia eine Risikominderung und ein funktionierendes Risikomanagement wichtig ist. Unter Risikominderung versteht man im Allgemeinen die Erfassung von Fernmessdaten, um sie in eine zukünftige Prognose zu überführen. Es ist wichtig, aus der Vergangenheit zu lernen und Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um sich vor möglichen Katastrophen zu schützen.
Dabei können auch die Ergebnisse des EU-mitfinanzierten Projektes (MIAVITA Project)1 helfen. In dem Projekt haben Wissenschaftler Werkzeuge und Methoden für die Katastrophenvorsorge und die Folgenminimierung entwickelt. Ziel des Projektes war es, die Gefahrenprävention, das Krisenmanagement und die Risikominderung für aktive Vulkane auf der ganzen Welt zu verbessern. Dazu haben sie Daten von früheren Vulkanausbrüchen verschiedenster Vulkantypen ausgewertet. Mit Hilfe der Ergebnisse konnten sie eine Risikobewertungsmethode, Tools für die Überwachung und Schwachstellenanalyse sowie ein integriertes Vulkan-Informationssystem entwickeln. Nachlesen kann man alles im Handbuch zum Risikomanagement bei Vulkanausbrüchen ("Handbook for Volcanic Risk Management"). Das Handbuch ist frei verfügbar und soll betroffenen Gemeinden helfen, ihre wirtschaftlichen Belange vor Katastrophen besser schützen zu können.
Schlussfolgerung und Ausblick
Vulkanausbrüche warnen uns, bevor sie passieren. Wichtig ist, diese Anzeichen zu erkennen, um entsprechend reagieren zu können. Auf der Insel Ischia ist es derzeit ruhig. Dennoch besteht auch hier das Risiko von Vulkanausbrüchen und sollte nicht ignoriert werden. Es ist entscheidend, dass alle Bewohner der Insel Ischia und die Politiker sich der potenziellen Gefahren bewusst sind und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Dabei ist eine ständige Überwachung des Gebietes, wie sie vom INGV durchgeführt wird, unumgänglich.
- Visite: 889