Der Fungo in Lacco Ameno
Koordinaten: 40°45’12,86‘‘ N; 13°53’11,29‘‘ E
Der Fungo ist bekannt als „Der Pilz von Lacco Ameno“ und ist eines der bekanntesten Wahrzeichen der Insel Ischia (Abbildung 1). Er befindet sich direkt im Hafenbecken dieser kulturell sehr vielfältigen Stadt und ist am besten von der Bushaltestelle „Piazza Girardi“ aus zu erreichen. Von dieser Haltestelle aus können Sie auch andere Attraktionen von Lacco Ameno auf gemütlichem Wege erkunden. Dazu gehören beispielsweise die Basilica di Santa Restituta, das Archäologische Museum Pithecusae, die Villa Arbusto, oder der Thermalpark Negombo.
Was Sie erwartet
Der Fungo ist ein etwa fünf Meter hoher Felsen direkt im Hafen von Lacco Ameno. Er besteht aus gräulich-grün gefärbtem Tuffstein. Dem Namen nach hat er die Form eines Steinpilzes, mit einem weichen Stiel aus Tuff und einer harten Kappe.
Wie der Fungo entstand
Von den Anfängen…
Der Fungo besteht aus dem so genannten „Grünen Epomeo-Tuff“. Weite Teile des gebirgigen Inselinneren – einschließlich des Epomeos (787 m ü. NN.) – sind aus diesem Gestein aufgebaut (Abbildungen 2 und 3 - Epomeo). Der Grüne Epomeo-Tuff entstand vor etwa 55.000 Jahren, als es im Gebiet von Ischia zu mehreren großvolumigen Vulkanausbrüchen kam. Dabei lagerten sich rings um diese Vulkane über zweihundert Meter mächtige Schichten ab, die hauptsächlich aus feinster Vulkanasche bestehen. Diese Vulkanasche verfestigte sich über Tausende von Jahren – zeitweise sogar unter Wasser - zum Grünen Epomeo-Tuff.
…ein Stück Berg im Meer
Doch wie kam nun dieses Stück Epomeo-Tuff bis in den Hafen von Lacco Ameno?
Eindringendes Magma bewirkte im heutigen Ischia seit etwa 30.000 Jahren intensive Bodenhebungen. Es entstanden Blöcke, die voneinander abgegrenzt sind durch Bruchlinien.
Im Zuge der Hebungen wurden die Berghänge im Norden und Westen Ischias sehr steil. Deshalb brachen dort gelegentlich Fels-Blöcke ab. Viele der Blöcke blieben am Hang liegen und bildeten dort ein Felsenmeer. Ein solches Felsenmeer ist in Abbildung 3 dargestellt. Es befindet sich im westlichen Epomeo-Massiv, westlich vom „Wasserfelsen“ Pietra dell’Acqua.
Ein besonders großer Felsen löste sich vor etwa 8500 – 6000 Jahren. Er zerbrach und stürzte als Felslawine zu Tal. Dabei kamen auch große Tuff-Blöcke mit herunter. Die Ablagerungen dieser Felslawine kann man heute unterhalb von Lacco Ameno und Casamicciola finden. Selbst unter Wasser liegen solche Blöcke! Einer dieser Blöcke ist der Fungo.
Was macht den Fungo so einzigartig?
Gegenüber anderen Felsen zeichnet sich der Fungo durch seine charakteristische Form aus. Nicht umsonst bedeutet der italienische Name dieses Felsens in deutscher Sprache „Pilz“. Denn die Form des Fungos erinnert an die steinpilzigen Artgenossen, die man auch in den heimischen mitteleuropäischen Mischwäldern finden kann.
Der „Stiel“ des Fungos besteht aus frischem Tuff, während die „Kappe“ aus einer harten Verwitterungs-Kruste gebildet wird (Abbildung 4).
Genau das richtige Gestein
Der Fungo besteht aus dem Grünen Epomeo-Tuff. Obwohl Tuff im weiteren Sinne nichts anderes als verfestigte Vulkanasche ist, enthält er doch noch sehr viele kleine Poren zwischen den einzelnen Aschekörnern. In diese feinen Poren kann nun Salzwasser eindringen, da der Fungo direkt im salzigen Meereswasser steht. Das Salzwasser steigt wenige Zentimeter unterhalb der Oberfläche des Fungos langsam empor. Denn in den schmalen Poren wirken Kapillarkräfte.
Die Sonne kommt ins Spiel!
Die Sonne scheint auf den Fungo und erwärmt dessen Oberfläche. Das Salzwasser, das schon bis knapp unter diese Oberfläche aufgestiegen ist, verdunstet. Wenn das Wasser verdunstet, bleibt das Salz übrig. Salzkristalle wachsen. Diese Kristalle benötigen Platz zum Wachsen. Diesen Platz verschaffen sich die Salzkristalle, indem sie die hauchdünne Tuff-Schuppe ablösen, die sie noch von der Luft trennt. Dieses hauchdünne Stück Tuff fällt hinab ins Wasser oder wird vom Wind fortgeblasen.
Hart oder weich? Oder einfach beides?
Jedoch bleiben dabei auch Minerale übrig, die resistent gegenüber dieser Verwitterung sind. Diese Mineralgemische sammeln sich an der Oberseite des Fungos und bilden dort eine harte Verwitterungs-Kruste. Diese harte Kruste bildet die Kappe des Fungos (Abbildung 4) und schützt den Stiel, also den weicheren Tuff darunter, vor der Erosion durch Regenwasser. Regenwasser würde den Fungo von oben nach unten verwittern, ausgehend von der dem Regen ausgesetzten Oberfläche.
Der Fungo jedoch verwittert nicht von oben nach unten, sondern von unten nach oben. Das Salzwasser steigt durch Kapillarkräfte auf (von unten nach oben), und verwittert den Tuff dann von innen heraus.
Der Fungo ist nicht für die Ewigkeit gemacht…
Diese spezielle Verwitterungsform, bei der Salzkristalle den Tuff „von innen heraus“ anwittern, heißt „Tafoni-Verwitterung“. So lange der Fungo im Meerwasser steht, wird dieser Prozess aufrechterhalten. Dann würde der Fungo also über die Jahrhunderte langsam verwittern, immer kleiner werden und irgendwann verschwinden. Bis dahin jedoch können Sie die Schönheit dieses einzigartigen Felsgebildes bewundern!
Von Bienenwaben im Stein
Harte Verwitterungskrusten finden sich auch an zwei Tuff-Felsen, die direkt an der Bushaltestelle „Piazza Girardi“ stehen (diese Haltestelle ist auch der Ausgangspunkt, um den Fungo zu erreichen). Die Verwitterungs-Krusten bilden hier jedoch keine harte Kappe auf dem Felsen, wie beim Fungo. Stattdessen haften die Krusten an der Seite des Tuff-Felsens und nehmen Formen an, die an Bienen-Waben erinnern (Abbildung 5; Koordinaten: 40°45‘08,53‘‘ N; 13°53‘28,13‘‘ E). Deshalb heißt dieser spezielle Typ der Tafoni-Verwitterung auch „Wabenverwitterung“.
Im Inneren dieser Waben verwittert der Tuff. Dabei bleiben die verwitterungs-resistenten Minerale übrig. Durch die ständige Zufuhr dieser verwitterungs-resistenten Minerale werden die filigranen Waben immer weiterwachsen.
Salzwasser auch oben im Gebirge?
Diese Verwitterungsform funktioniert in gleicher Weise auch oben in den Bergen des Epomeo. Denn hier ist es hauptsächlich die bei Stürmen aufgewirbelte salzige Gischt, die bis hoch ins Gebirge weht. Dort benetzt die salzige Gischt die Oberfläche der Tuff-Felsen. Von dort aus dringt das Salzwasser in den Tuff ein.
Nun scheint die Sonne auf die Tuff-Oberfläche – das Wasser verdunstet. Deshalb wachsen knapp unter der Tuff-Oberfläche kleine Salzkristalle. Die dünne Tuff-Schuppe zwischen dem Salzkristall und der Oberfläche des Tuff-Felsens wird abgelöst.
Insbesondere im Falanga- Wald, oberhalb von Forio, zeigen sich beeindruckende waben-förmige Strukturen an den Tuff-Felsen. Auch diese Felsen wurden durch die Waben- bzw. Tafoni-Verwitterung gebildet – und werden es auch immer noch. Die bizarren, teils zehn Meter hohen Felsen des Falanga- Walds können Sie jeden Freitag auf unserer GEO-Wanderung erkunden.
Resümee
Die Tafoni-Verwitterung ist also eine ganz spezielle Form der Verwitterung, die man hier auf Ischia finden kann. Sie beruht auf verdunstendem Wasser und wachsenden Salzkristallen, die den betroffenen Felsen von innen heraus anwittern. Der Fungo ist das Paradebeispiel dieser Verwitterung (Abbildungen 1, 5 und 6). Allerdings finden sich auch oben im Gebirge bizarre Felsformationen, die auf ähnliche Prozesse zurück gehen.
Wenn Sie mehr über die speziellen Verwitterungsformen, den Vulkanismus und die Geologie Ischias erfahren möchten, so besuchen Sie gern unsere Internetseite. Und wenn Sie sich dafür interessieren, was Sie sonst noch in Lacco Ameno entdecken können, so sei Ihnen diese Internetseite ans Herz gelegt.
QUELLEN
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